Manitobas Geheimnis – Das Legislative Building

 

Manitobas Regierungssitz sollte Ausdruck von Macht und Größe sein. Das schiere Ausmaß des Legislative Building (24 959 Quadratmeter) im Zentrum der kanadischen Provinzhauptstadt Winnipeg ist beeindruckend. Doch in der Architektur des Parlamentsgebäudes steckt mehr, als ein repräsentatives Bauwerk im Stil der Neoklassik.

Es waren die beiden ägyptischen Sphinxen auf dem Dach des prächtigen Sandsteinbaus in einem nordamerikanischen Präriestaat, die erste Fragen aufwarfen. Sie blicken nach Osten und Westen in die auf- und untergehende Sonne. In die Sockel sind Hieroglyphen eingraviert, die auf den ägyptischen Sonnengott Re verweisen. Jedes Detail führt direkt in antike Mythologien. Nichts ist dem Zufall oder der Ästhetik überlassen. Stets gut sichtbar und dennoch fast 100 Jahre verborgen bestimmen die Codes der Freimaurer die Architektur.

Der kanadische Architekturhistoriker Frank Albo vermutete, dass die Bauherren das architektonische Vokabular des Tempelbaus kannten. Grundriss und Ausstattung folgen mittelalterlicher Numerologie und antiken Maßen.

Der Mythos „666“ und Fibonacci

Die Zahl 666 findet sich in den Dimensionen des Grundrisses wieder. Breite und Länge des Parlamentsgebäudes messen jeweils exakt 666 Fuß. Auch die Eingangshalle in der Mitte des Baues, an der Nordseite formt ein Quadrat von exakt 66,6 x 66,6 Fuß. Die 666 gilt, jenseits der biblischen Lehre vom Antichristen, bereits seit Cornelius Agrippa als Symbol für die Sonne als Regentin über Götter, Himmel, Erde sowie die 36 Sternenbilder und ihre Leben spendende Kraft. Ein weiterer Hinweis auf Re.

Die Sphinxen blicken nach Osten und Westen. In der agyptischen Mythologie symbolisieren sie die auf- und untergehende Sonne. Foto: Flora Jädicke
Die Sphinxen blicken nach Osten und Westen. In der agyptischen Mythologie symbolisieren sie die auf- und untergehende Sonne. Foto: Flora Jädicke

Ägyptische Mythologie paart sich mit griechischer. Die Häupter von Athene und Medusa schmücken die große Halle. Auch christliche Bilder findet man. Die Passion Christi ist verwoben mit den Leiden des Ersten Weltkriegs in Frank Brangwyns Wandgemälde im Torbogen zur Südseite.

Eine wichtige Zahl ist die Fibonacci-Zahl 13. Sie zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Gebäude. Ebenso die Zahlen 5 und 8, deren Summe die 13 ergibt. In der gewaltigen Treppenhalle ist der monumentale Aufgang ins Gebäude.

Über drei Etappen führen jeweils 13 Stufen aus braun gemasertem Carrara-Marmor auf die nächste Ebene. Es gibt 13 Mulden an den Türeingängen, 13 Lampen in jedem Korridor, 13 Sitze für die Medien über dem Sitz des Speakers (Sprechers). Dazu acht Ochsenschädel und die beiden 13 Fuß langen Bronze-Bisons, die gleich antiken Wächterbullen rechts und links den Treppenaufgang flankieren.

Der Bison Manitobas Symboltier hat in der Symbolik der Freimauerer am Treppenaufgang in Manitobas Parlament auch eine Wächterfunktion. Foto: Flora Jädicke
Der Bison Manitobas Symboltier hat in der Symbolik der Freimauerer am Treppenaufgang in Manitobas Parlament auch eine Wächterfunktion. Foto: Flora Jädicke

Nun könnte man das Wappentier Manitobas und ein paar Rinderschädel in einer von Prärie geprägten Landschaft für reine Dekoration halten. Bestenfalls für die Erinnerung an Manitobas Bisons. Dem hatte seinerzeit der Architekt, ein Brite, der in Darmstadt geboren wurde, selber widersprochen. Nein, sie waren und sollten ein Symbol sein, für die Opferzeremonien in Gottes erstem Tempel.

Sandstein, Marmor, Granit und Gold

In der Antike glaubte man, die Geometrie sei der Schlüssel zu Gottes Geist. Diese Lehre haben die Freimaurer übernommen. Albo war sich nun sicher. Architekt Frank Lewis Worthington Simon hatte in sieben Jahren Bauzeit diese geometrischen Prinzipien in architektonische Wirklichkeit übersetzt – in Sandstein, Marmor, Granit und Gold.

Ein Blick über die Balustrade der Rotunde in der Mitte des Gebäudes geht 13 Fuß tiefer auf den achteckigen Stern aus schwarzem Marmor auf weißem Marmorgrund. Der Raum steht für den zweiten zentralen Ort des Tempels, das Heiligtum und den Altar. Ausgeleuchtet mit Lampen, die 13 Leuchten tragen, ist er perfekt zentriert unter dem Dom und dem „Golden Boy“ auf der Domspitze. Der schwarze Stern wurde bereits 1925 von Thomas Leslie bei einer Führung durch das Parlaments-Gebäude als Altar beschrieben: „…there should be an altar here, an a priest, and an image of god, an a victim, …“

Der Pool mit dem schwarzen Stern von der Seite. Foto: Clarence Abrams, Quelle www.frankalbo.com
Der Pool mit dem schwarzen Stern von der Seite. Foto: Clarence Abrams, Quelle www.frankalbo.com
Der acht-eckige Stern als zentraler Punkt im Untergeschoss des Gebäudes liegt in direkter LInie unter der goldenen Hermes-Statue auf der Kuppel. Er wird als der Ort des Altars verstanden. Auch akkustisch scheinen hier alle Eindrücke zusammen zu fließen. Foto: Flora Jädicke
Der acht-eckige Stern als zentraler Punkt im Untergeschoss des Gebäudes liegt in direkter LInie unter der goldenen Hermes-Statue auf der Kuppel. Er wird als der Ort des Altars verstanden. Auch akkustisch scheinen hier alle Eindrücke zusammen zu fließen. Foto: Flora Jädicke

Wer vom Rand des Raumes aus völliger Stille auf den Stern tritt, erlebt eine besondere Form der Offenbarung. Wie von Geistern geflüstert hört man plötzlich gut und deutlich die Gespräche aus dem Raum darüber. Eine leicht gespenstische Erfahrung, so unwirklich deutlich ist jedes Wort in reinstem Klang zu verstehen. Das architektonische Geheimnis dieses Effekts stammt ebenfalls aus der Antike und wurde in der Renaissance vor allem von sakralen Baumeistern aufgegriffen.

Bauherren waren Logenmeister der Freimaurer

Die Bauherren waren allesamt Logenmeister der Freimaurer. Der Entwurf wurde Leonard Stokes, dem damaligen Präsidenten des Royal Institute of British Architects, unter 66 Einsendungen ausgewählt. Den offiziellen Zuschlag bekam das Unternehmen durch Manitobas Regierungsbeamte. Premier of Manitoba Rodmond Roblin, Bildungsminister Colin Campbell, sein Stellvertreter Charles Dancer und der Architekt Victor Horwood waren gleichzeitig Mitglieder der Freimaurer Loge in Winnipeg. Unter ausufernden Baukosten und einem Korruptionsskandal hatte Simon Manitoba einen Regierungssitz gebaut und den Freimaurern einen Tempel dem Vorbild des Tempels Salomons.

Architektur als Blaupause für den Geist Gottes

Einst waren die Freimaurer unter den Arbeitern des salomonischen Tempels entstanden, so will es die Legende. Manitobas Legislative Building sollte quasi eine physikalische Blaupause für den Geist Gottes sein. Dahinter stand der Gedanke, der im Gebäude manifest gewordene Wille Gottes könne die Menschen in und rund um das Haus intelligenter moralisch wertvoller machen und mehr und mehr in das Bild Gottes formen. In der Freimaurerei gilt der Salomonische Tempel als Leitbild eines geistigen Tempels der Humanität.

Manitoba im goldenen Schnitt

Fibonaccis (Leonardo von Pisa 1170 bis 1250) Zahlenreihe dagegen geht auf das Frühmittelalter zurück und gilt als die mathematische Entsprechung des Goldenen Schnittes – Gottes vollendeter Harmonie. Wie Salomons Tempel hat auch Manitobas Regierungssitz drei Stockwerke. Der wichtigste Raum, das Allerheiligste, zu dem nur der Hohepriester Zugang hatte, befindet sich wie einst im Original im Westteil des Gebäudes. Das Empfangszimmer des Manitoba Lieutenant-Governors, außen flankiert von Säulen und innen mit blauen Samtvorhängen ausgekleidet hat exakt die Maße, die in der Bibel für das Innere des Heiligtums angegeben werden. Im antiken Tempel befand sich hinter dem Vorhang die Bundeslade mit den Zehn Geboten. Der Vorhang im Empfangsraum verbirgt nur ein Fenster.

Hier scheint die Theorie vom Tempel ihr Ende zu finden. Doch das Geheimnis verbirgt sich außerhalb des Raumes. Unmittelbar über dem Fenster lässt sich an der Außenfassade die Skulptur einer Lade (Kriegskasse) erkennen, getragen von zwei Kriegern in vollem Ornat. Sie hat genau die Maße, die in der Bibel für die Bundeslade angegeben werden, fünf Fuß hoch und acht Fuß breit. Dieses eindeutig, zweideutige Versteckspiel folgt ganz dem Grundsatz der Freimaurer. „Hidden in the plain sight“, erklärt Don Finkbeiner von Heartland International Tours. Frei übersetzt bedeutet es: „alle Erkenntnis ist verborgen im gut Sichtbaren“.

Golden Boy oder doch Hermes Trismegistos?

Weithin sichtbar ist auch der Golden Boy. In 74 Metern Höhe thront das Abbild des griechischen Götterboten Hermes auf der Kupferkuppel des Domes. Hermes ist der Gott der Händler und Diebe. Die Bronzestatue trug ursprünglich den Namen Ewige Jugend und ist Giambolognas (1529 bis 1608) Merkur-Statue nachempfunden. Sie ist das Werk des Pariser Künstlers Georges Gardet, der auch die Bisons schuf. An jeder der vier Kuppelecken darunter verkörpert eine Steinskulptur Landwirtschaft, Wissenschaft, Industrie und Kunst.

Direkt unter ihm befindet sich ein Relief mit „Lady Manitoba“, die als Fruchtbarkeitsgöttin dargestellt ist. Auf den ersten Blick scheint der als „Golden Boy“ bekannte Götterbote Hermes die vier Gesellschaftsgruppen im prosperierenden Handel zu vereinen. Er blickt nach Norden, dorthin, wo der Reichtum Manitobas seinen Ursprung hat. Für fast 100 Jahre war dies die gängige Lesart.

Golden Boy, der Götterbte Hermes oder doch der Vater der Alchemie Hermes Trismegistos? Foto: Flora Jädicke

Der Historiker Albo glaubt dagegen, die Skulpturen repräsentieren die vier Elemente der Alchemie: Erde, Wasser, Feuer und Luft. Und die mit 23,75 Karat Blattgold überzogene Hermesstatue zeige nicht den Götterboten, sondern Hermes Trismegistos, den Vater der Alchemie. Er gilt als Sinnbild des Transformationsprozesses hin zu göttlicher Vollkommenheit.

Frank Albo forscht mehr als zehn Jahre

Albo war sich zunehmend sicher. Architekt Frank Lewis Worthington Simon und seine Bauherren, allesamt Freimaurer, hatten in sieben Jahren Bauzeit, König Salomos Tempel in Jerusalem wiedererstehen lassen, codiert in einem Parlamentsgebäude mitten in Winnipeg.

Die Codes der Freimaurer: Foto-Credit Manitoba Tourism
Die Codes der Freimaurer: Foto-Credit Manitoba Tourism

Mehr als zehn Jahre hat der Historiker geforscht. Winnipeg verstand sich damals als das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum Nordamerikas, das Chicago in dieser Rolle ablösen werde. Als der, britische Architekt Frank Lewis Worthington Simon, vor 100 Jahren das Gebäude plante, hatte er etwas komplett anderes im Sinn als ein normales Regierungsgebäude. Simon wollte im Herzen Kanadas ein Gebäude von „kontinentaler Bedeutung“ schaffen. In seinem Buch The Hermetic Code beschreibt Albo einen Architekten, der dem Okkultismus (dem Verborgenen) und den Lehren Hermetismus (Hermetik), einer antiken Offenbahrungslehre, die sich auf den Ägypter Hermes Trismegistos bezieht, ebenso zugetan war wie der Lehre des Mathematikers Fibonacci oder der Astrologie.

Die von den "Pgern" "Golden Boy" genannte Statue überstrahlt ganz Winnipeg. Foto: Flora Jädicke.
Die von den „Pgern“ „Golden Boy“ genannte Statue überstrahlt ganz Winnipeg. Foto: Flora Jädicke.

Sogar die symbolträchtige Grundsteinlegung des geheimen  Freimaurertempels folgt verborgenen Zeichen. Simon datiert sie seinerzeit auf den 3. Juni 1914 exakt zu dem Zeitpunkt, an dem die Planeten Merkur und Venus zueinander stehen über dem damals aufstrebenden Winnipeg.

Infos und Tourbuchung:

 Heartland Logo - Heartland International Travel and Tours - Destination Management Company - Winnipeg - Manitoba

Heartland International Travel & Tours  bietet die Hermetic Code Tour durch das Parlamentsgebäude in Winnipeg in Zusammenarbeit mit dem Architektur Historiker Dr. Frank Albo, der die Symbole der Freimaurer entschlüsselt hat. Um ihre Symbolik besser zu verstehen, hat er Jahre lang geforscht. Zusätzlich ist er für die Recherchen einer Loge beigetreten. Inzwischen führt er eigene Touren durch das Gebäude, ebenso wie der Gründer von Heartland International Travel & Tour, Don Finkbeiner.

Don Finkbeiner ist Gründer und Inhaber von Heartland International Travel & Tours. Als der Architektur Historiker Dr. Frank Albo ihm seine Recherchen präsentierte, zögerte er nicht lange und nahm die spannende Tour ins Programm. Foto: Flora Jädicke
Don Finkbeiner ist Gründer und Inhaber von Heartland International Travel & Tours. Als der Architektur Historiker Dr. Frank Albo ihm seine Recherchen präsentierte, zögerte er nicht lange und nahm die spannende Tour ins Programm. Foto: Flora Jädicke

Während der Corona-Pandemie konnten keine Touren durchgeführt werden. Alle aktuellen Hinweise zu Touren unter:

www.heartlandtravel.ca

 

www.travelmanitoba.com

www.tourismwinnipeg.com

Das Buch zur Tour

The Hermetic Code, Unlocking one of Manitobas greatest secrets, Carolin Vesely und Buzz Currie, 2007 Winnipeg Free Press, ISBN 978-0-9682575-3-1 (English)

www.frankalbo.com

Fotos wie angegeben:

Fotocredit pool foto:  Clarence Abrams https://www.flickr.com/photos/morrismulvey/albums/72157627570052163

Heruntergeladen von der Webseite von Dr. Frank Albo

Weitere Fotos, inklusive Titelfoto:  Gebäude außen teilweise Tourism Manitoba oder @Enviro Foto

alle anderen Autorin Flora Jädicke

 

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