Qaumajuq – das neue Museum für Inuitkunst an der Winnipeg Art Gallery

„Der Geist des Nordens kommt nach QAUMAJUQ.“ Das neue Inuit Art Center in Winnipeg ist die weltweit größte öffentliche Sammlung zeitgenössischer und traditioneller Kunst der Inuit. Mit dem eigenen Haus, unmittelbar neben der 1912 gegründeten Winnipeg Art Gallery beginnt eine neue Ära für die Kunst der Inuit. Am 25. und 26. März gibt sie einen ersten virtuellen Vorgeschmack auf eine außergewöhnliche Kunstsammlung.

Sie besteht aus mehr als 14.000 Exponaten, darunter 7.500 Skulpturen, 4.000 Drucke und 1.900 Zeichnungen sowie hunderte weitere Artefakte, Keramiken und Textilien. Bei nahezu 8.000 Ausstellungsstücken handelt es sich um eine Leihgabe der Regierung Nunavuts. Einige der Exponate bleiben solange in Winnipeg bis Nunavuts Schwester Institut und eigenes Kulturerbe-Centrum fertiggestellt ist. Die Sammlung von QAUMAJUQ ist einzigartig in der kanadischen Kunstszene und macht etwa die Hälfte der dauerhaften Ausstellungen der Winnipeg Art Gallery aus.

Qilak Main Inuit Gallery Qaumajuq the Inuit Art Centre at the Winnipeg Art Gallery. Photo by Lindsay Reid

Im gläsernen Eingangsbereich werden mehr als 4000 Kunstwerke gezeigt. Sie sind durch die gewllten Glaswände auch gut im Vorbeigehen von der Straße aus zu sehen und empfangen auch „Nicht-Besucher“ mit einen Eindruck von der gewaltigen Vielfalt der indigenen Kunstszene. Zur Vision gehört auch Grenzen abzubauen zwischen Kunst und Betrachter.

Foyer des Qaumajuq Inuit Art Centers an der Winnipeg Art Gallery (WAG) mit mehr als 5000 Exponaten. Photo by Lindsay Reid

Inuitkünstler erzählen ihre Geschichte

Das Konzept der Ausstellungen setzt auf Begegnung und Austausch. Sowohl in der Architektur, als auch in der Konzeptionen der einzelnen Schauen. Durch erzählte Geschichten und Videoeinspielungen sowie interaktive Elemente werden die Exponate von QAUMAJUQ in ihren kulturellen und historischen Kontext gesetzt.

Die Sammlung präsentiert damit wichtige Komponenten der Identität der Inuit. Teil dieser Identität sind die unten gezeigten Bilder der Reihe „Born in Power“ von Ella Cooper. Witness (Self Portrait Series), 2018. Site-specific installation (Detail) oder die Fotografien der 1988 geborenen Künstlerin Meryl McMaster aus der Serie  Ancestral, von 2008. Hier Ancestral 9; 2 und 5.

Das Museum ist in hohem Maße interaktiv, wie es amerikanische und kanadischen Museen beispielhaft praktizieren. Virtual Reality und andere moderne Technologien ermöglichen einen direkten Zugang zum Land, den Menschen und der Kultur des Nordens. In einem interaktiven Theater vermitteln Künstler, Älteste, Geschichtenerzähler, Pädagogen und andere Wissensträger darüber hinaus Einblicke in die Kunst und die Kultur sowie die Geschichte und das heutige Leben der Inuit. 

Zur Eröffnung zeigt das Qaumajurq INUA

Die Eröffnungsausstellung INUA zeigt  Werke von mehr als 90 Inuit Künstlern. Sie haben ihre Heimat in verschiedenen Gebieten der Arktis (Inuit Nunangat) aber auch in Alaska und Greenland. Einige leben inzwischen auch im urbaneren Süden. Die Aussstellung berücksichtig ebenso junge, aufstrebende Kreative wie etablierte, ältere Künstler und  Stammesälteste.

INUA umfasst etwa 100 Kunstwerke. Sie zeigen vielseitige Aspekte des künstlerischen Ausdrucks der Inuitkunst. Die Ausstellung stellt so manches Vorurteil über die Kunst der Inuit in Frage. Angefangen von digitalen Medien über Installationskunst bis hin zu Mischtechnik-Skulpturen und Werke aus Malerei und Fotografie.

INUA steht für „Inuit Nunangat Ungammuaktut Atautikkut“, was bedeutet „Inuit gehen gemeinsam voran“. Die Eröffnungsausstellung ist damit sinngebend für die gemeinsame Vision von Gemeinsamkeit, Teilen, sich von den Traditionen inspiriern lassen und neue Wege für die gemeinsame Zukunft zu gehen. Auf dem Areal vor dem Eingang befinden sich die Skulpturen der Künstlerin Goota Ashoona (Gallery oben) und Abraham Anghik Ruben, Playtime 2020 (Gallery unten).

INUA ist ein wichtiger Beitrag für das Leben der Inuit im modernen Winnipeg und und in ganz Kanada. Die Winnipeg Art Gallery begann bereits in den 1950er Jahren Kunstgegenstände der Inuit-Völker zu sammeln. Damit war sie Vorreiter in einer  Zeit, in der die Kunst des Nordens dem Rest der Welt noch weitgehend unbekannt war. In den darauffolgenden Jahrzehnten pflegte die WAG intensive Beziehungen zu Künstlern und Gemeinden des Nordens und konnte ihre Inuit-Sammlung dadurch stetig erweitern. INUA wird bis Dezember 2021 in QAUMAJUQ zu sehen sein.

Der Name QAUMAJUQ

Bereits bei der Namensfindung für QAUMAJUQ besann man sich auf die indigenen Wurzeln der Region. Der Name QAUMAJUQ [kow-ma-yourk] stammt aus der Sprache Inuktituk (Nunavik) und bedeutet „Es ist hell, es ist beleuchtet“. Eine Gruppe von Ältesten und Hütern indigener Sprachen versammelte sich im August 2020 virtuell, um indigene Namen für die Winnipeg Art Gallery, das neue Inuit Art Centre sowie die verschiedenen Räume im Inneren der Gebäude zu finden. Hierbei wurden die Sprachen Inuktitut, Anishnaabemowin (Ojibway), Nêhiyawêwin (Cree), Dakota und Michif (Métis) berücksichtigt.

Die Architektur des QAUMAJUQ

Die Architektur des Neubau und die Renovierung des seit 1971  bestehenden Teils des Gebäudes von Gustavo da Roza steht ebenfalls im Zeichen der gemeinsamen Vision. Auch wenn der Architekt von QAUMAJUQ kein Inuit ist so sind die Einflüsse des Nordens nicht von der Hand zu weisen. „Das Licht, die Landschaft und die Menschen des Nordens haben mich inspiriert“, sagt der in Los Angeles (Californien) ansässige Architekt Michael Maltzan Inc. während einer virtuellen Pressekonferenz.

Schon im Juni 2013 hatte Maltzan zusammen mit Art Gallery Direktor Dr. Stephen Borys, der Kuratorin für Inuit-Kunst Dr. Darlene Coward Wight dem Archtikten George Cibinel und den Architekturfotografen Iwan Gaan die Inuit-Gemeinden in Nunavut besucht, um das Leben und die Kultur der Menschen kennenzulernen. Die weichen Formen spiegeln die Seele der Inuit-Kunst wieder.

Eine Homage an die Welt des Nordens

Gemeinsam mit dem Winnipeger Architekten-Büro Cibinel Architectur Ltd. hat er den 40000 Square-foot, rund 3716 Quadratmeter großen Neubau entworfen. Helle luftige Räume, in denen 22 Deckenfenster das natürliche Tageslicht auf die Exponate lenken. Vielfach entsteht so eine Lichtatmosphäre wie im Norden, wo die Kunstwerke entstanden.

Die Wände sind schlicht weiß gehalten. Zusammen mit viel Glas, reflektierendem Chrome und offenen Zwischengeschossen sorgen sie für Leichtigkeit. Jede Etage ist mit der WAG verbunden und hat ihren eigenen Namen.

Die lichtdurchflutete Hauptgallery QILAK (bedeutet in Inuktitut: Himmel). Sie befindet sich in der dritten Etage und ist ganz an die Natur des Nordens angelehnt.

Das Zwischengeschoss auf der 4. Etage GIIZHIG/KISIK  bedeutet in der Gree/Michit und Ojibway Sprache Himmel (auch spirituell), Tag. Sie ist ein kleiner exklusiver Bereich für besondere Ausstellungen.

PIMATISIWIN befindet sich auf einem der Aufgänge und ist konzipiert für Video- und Filmausstellungen. In den Sprachen Cree und Ojibway bedeutet es: „Leben, der Akt des Lebens, lebendig sein“,

ILIPVIK bezeichnet in Inuktitut den „Ort wo man hingeht um zu lernen“, gestaltet auch für Events und Veranstaltugen. 

ILAVUT bezeichnet die Eingangshalle. Es bedeutet in Inuktitut: „Unsere Ahnen, unsere Verwandten“. Diese Bezeichnung zeigt in besonderem Maße die Beziehung der Inuit zu ihrer Umgebung und ihrer Kunst. In der Eingangshalle befindet sich auch ein Leseraum das Kalita Café und der Gallery Shop.

Und nicht zuletzt das Centrum für Forschung, das mit seinem Namen angeleht ist an die indigene Künstlergruppe „Group of seven“. NIIZHWAASO bedeutet in Ojibway „sieben“.

Granit aus Vermont für QAUMAJUQ

Die Fassade wurde aus weißem Bethel Granit aus Vermont USA gestaltet. Auch sie ist in Form und Farbe eine Anlehnung an die nordischen und arktischen Landschaften. Die weiße Fläche bietet zudem fantastische Möglichkeiten für Video und Lichtinstallationen.

WAG-Qaumajuq Northern Lights Projections. Photo/Video Courtesy of the Winnipeg Art Gallery.

Kuratorinnen-Team INUA Dr. Heather Igloliorte, Krista Kablusiak, Ulujuk-Zawadski, asinnajaq  Fotos by Lindsay Reid

Informationen

QAUMAJUQ, das neue Zentrum für die Kunst der Inuit war bisher bekannt unter dem Namens Inuit Art Centre und wird als  Teil der Winnipeg Art Gallery (WAG) unter neuem Namen in einem neuen Haus am 25. und 26. März 2021 mit einer virtuellen Zeremonie eröffnet. An beiden Tagen beginnen die rund einstündigen Live Streams jeweils um 18.30 Uhr Ortszeit (jeweils 00.30 Uhr am 26. bzw. 27.03. in Deutschland, Österreich und der Schweiz). Livestream auf www.wag.ca

Photo Credit: Titelbild QAUMAJUQ am WAG by Lindsay Reid

Schwarz/weiß Aufnahmen in der Slide-Gallery zeigen:

Born in Power

Ella Cooper. Witness (Self Portrait Series), 2018. Site-specific installation (Detail).

Collection of the Artist.

Meryl McMaster. Canadian, b. 1988. Ancestral 9, from the series Ancestral, 2008. Chromogenic print on paper, 1/5. 101.6 x 76.2 cm. Collection of the Winnipeg Art Gallery. Acquired with funds from The Winnipeg Art Gallery Foundation Kathleen M. Richardson Fund, 2019-4.

Meryl McMaster. Canadian, b. 1988. Ancestral 2, from the series Ancestral, 2008. Chromogenic print on paper, 1/5. 101.6 x 76.2 cm. Collection of the Winnipeg Art Gallery. Acquired with funds from The Winnipeg Art Gallery Foundation Kathleen M. Richardson Fund, 2019-2. © Meryl McMaster / courtesy Stephen Bulger Gallery, Toronto, Pierre-François Ouellette art contemporain, Montreal

Meryl McMaster. Canadian, b. 1988. Ancestral 5, from the series Ancestral, 2008. Chromogenic print on paper, 1/5. 101.6 x 76.2 cm. Collection of the Winnipeg Art Gallery. Acquired with funds from The Winnipeg Art Gallery Foundation Kathleen M. Richardson Fund, 2019-3. © Meryl McMaster / courtesy Stephen Bulger Gallery, Toronto, Pierre-François Ouellette art contemporain, Montreal

Meryl McMaster. Canadian, b. 1988. Ancestral 5, from the series Ancestral, 2008. Chromogenic print on paper, 1/5. 101.6 x 76.2 cm. Collection of the Winnipeg Art Gallery. Acquired with funds from The Winnipeg Art Gallery Foundation Kathleen M. Richardson Fund, 2019-3. © Meryl McMaster / courtesy Stephen Bulger Gallery, Toronto, Pierre-François Ouellette art contemporain, Montreal

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